13.10.2025
Für etwaige Impfschäden nach einer bis zum 07.04.2023 vorgenommenen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 kommt nur eine Amtshaftung in Betracht. Eine Privathaftung des Impfarztes scheidet laut Bundesgerichtshof (BGH) aus.
Ein Mann klagt gegen eine Hausärztin auf Schadensersatz wegen Impfschäden, die er auf eine fehlerhafte Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zurückführt. Er hatte nach zwei vorangegangenen Schutzimpfungen im Mai und Juli 2021 am 15.12.2021 in der Praxis der Ärztin eine so genannte Booster-Impfung erhalten. Etwa drei Wochen später wurde bei ihm eine Herzerkrankung diagnostiziert.
Der Mann meint, bei seiner Erkrankung handele es sich um einen Impfschaden. Die dritte Impfung sei fehlerhaft verabreicht und er zuvor nicht hinreichend aufgeklärt worden. Infolge der Impfung seien seine kognitiven Fähigkeiten erheblich eingeschränkt. Er könne seine berufliche Tätigkeit nicht mehr ausüben. Zudem sei er aufgrund der organischen Beschwerden psychisch stark beeinträchtigt.
Nun begehrt der Herzkranke ein Schmerzensgeld von mindestens 800.000 Euro, die Feststellung der Einstandspflicht der Ärztin für materielle und nicht vorhersehbare immaterielle Schäden sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
Die Klage ist in allen Instanzen erfolglos verlaufen. Der BGH stellt klar: Bis zum 07.04.2023 handelten die in der jeweiligen Fassung der Coronavirus-Impfverordnung bestimmten Leistungserbringer bei der Vornahme einer Schutzimpfung gegen das Coronavirus in Ausübung eines ihnen anvertrauten öffentlichen Amtes. Daher scheide eine persönliche Haftung der Ärztin des Mannes für etwaige Impfschäden aus. Es komme nur eine Amtshaftung des Staates in Betracht.
Die Tätigkeit einer Privatperson sei als hoheitlich zu beurteilen, so der BGH, wenn ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung und der hoheitlichen Aufgabe besteht. Dabei müsse die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nehmen, dass der Private gleichsam als bloßes "Werkzeug" oder "Erfüllungsgehilfe" des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss.
Die jeweiligen Leistungserbringer hätten mit der Durchführung von Schutzimpfungen hiernach eine hoheitliche Aufgabe erledigt. Sie erfüllten laut BGH den eigens durch das Bundesgesundheitsministerium als Verordnungsgeber geschaffenen Anspruch gegen den Staat auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Dessen hoheitlicher Charakter habe bei der Impftätigkeit im Vordergrund gestanden. Die Schutzimpfungen seien ein zentrales Mittel zur Bewältigung der Corona-Pandemie gewesen. Der darauf gerichtete Anspruch sei ein wesentlicher Bestandteil der staatlichen "Corona-Impfkampagne" gewesen, in die die Leistungserbringer ausdrücklich eingebunden worden seien. Die Erfüllung des staatlichen Impfanspruchs diente aus Sicht des BGH nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern auch der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen und zentraler Bereiche der Daseinsfürsorge.
Darüber hinaus weise dieser Impfanspruch jedenfalls zeitweise einen engen Bezug zur Eingriffsverwaltung auf. Zwar habe es keine Impfpflicht gegeben. Die Ablehnung einer Schutzimpfung habe jedoch nachteilige Folgen haben können, wie etwa zum Zeitpunkt der Impfung des Klägers am 15.12.2021 unter anderem in Form bußgeldbewehrter Zugangs- und Kontaktbeschränkungen.
Auch habe den privaten Leistungserbringern nur ein stark eingeschränkter Entscheidungsspielraum zugestanden, wie der Anspruch auf Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 zu erfüllen war. Der Verordnungsgeber habe ihnen vorgegeben, auf welche Weise die Schutzimpfung und die begleitenden Leistungen vorzunehmen waren.
Demzufolge seien die Schutzimpfungen, die auf der Grundlage der Coronavirus-Impfverordnung erfolgten, als noch dem Bereich hoheitlicher Betätigung angehörend anzusehen und alle privaten Leistungserbringer – wie die beklagte Ärztin – als Verwaltungshelfer einzuordnen. Die Verantwortlichkeit für etwaige Aufklärungs- und Behandlungsfehler dieser Verwaltungshelfer trifft laut BGH deshalb grundsätzlich den Staat.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 09.10.2025, III ZR 180/24