29.04.2025
Die Lieferung einer Waschkommode, die sich aus einer (ohne Recht zum Vorsteuerabzug von einer Privatperson erworbenen) Kommode und aus (mit Recht zum Vorsteuerabzug erworbenen) Sanitärgegenständen (Waschbecken, Armaturen et cetera) zusammensetzt, unterliegt nicht der Differenzbesteuerung, weil der Liefergegenstand teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt hat. Das stellt der Bundesfinanzhof (BFH) klar.
Die Beteiligten streiten darüber, ob auf die Lieferung gebrauchter Waschkommoden, die restauriert und mit Hilfe neuer Teile zu neuwertigen Waschtischen umgearbeitet wurden (so genanntes Upcycling), § 25a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) angewendet werden darf.
Die Klägerin kauft antike Kommoden aus Privatbesitz an, restauriert diese und baut sie durch Aufsatz eines neuen Waschbeckens und gegebenenfalls weiterem Zubehör zu neuwertigen Waschtischen um. Der Kunde kann sich im Rahmen der Restaurierung das Objekt individuell zusammenstellen. In den Verkaufsgesprächen zeigt die Klägerin die Kommode mit mehreren auswählbaren Waschbecken. Die Fertigstellung des Kaufobjekts erfolgt nach Auswahl des Kunden und Eingang der Anschlussmaße.
Die Klägerin stellte über ihre Leistungen jeweils zwei Rechnungen aus. Sie erteilte zum einen eine Rechnung über die restaurierte Kommode (unter Anwendung der Differenzbesteuerung). Zum anderen rechnete sie den Auf- beziehungsweise Umbau mit dem ausgewählten Waschtisch unter Anwendung der Regelbesteuerung ab. Beide Rechnungen wurden am selben Tag erstellt.
Das beklagte Finanzamt versagte die Anwendung der Differenzbesteuerung. Anders das von der Klägerin angerufene Finanzgericht (FG). Doch diese Entscheidung hat keinen Bestand. Der BFH hat sie auf die Revision des Finanzamtes aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen.
Nach Ansicht des BFH hat das FG zu Unrecht stillschweigend angenommen, dass die Voraussetzungen des § 25a Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG erfüllt sind. Die Anwendung der Differenzbesteuerung sei nach § 25a Absatz 1 Nr. 2 UStG nur möglich, wenn die Gegenstände an den Wiederverkäufer im Gemeinschaftsgebiet geliefert wurden (Satz 1) und für diese Lieferung Umsatzsteuer nicht geschuldet oder nach § 19 Absatz 1 UStG nicht erhoben (Satz 2 Buchst. a) oder die Differenzbesteuerung vorgenommen wurde (Satz 2 Buchst. b).
Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Die Vorentscheidung sei deshalb aufzuheben, so der BFH. Das FG habe angenommen, dass es sich bei der Lieferung der aufgearbeiteten Kommoden nebst Keramikaufsatz und Zubehör ungeachtet der getrennten Rechnungsstellung steuerlich um einen einheitlichen Umsatz handelt. Die Lieferung der aufgearbeiteten Kommode stelle die Hauptleistung und die getrennt berechnete Lieferung des Keramikaufsatzes nebst Zubehör die Nebenleistung dar. Auch unter Zugrundelegung eines einheitlichen Verkaufsumsatzes beziehungsweise Verkaufsgegenstands seien die Voraussetzungen eines Wiederverkaufs der antiken Waschkommoden im Sinne des § 25a UStG gegeben. Es reiche aus, dass aus der Perspektive des Verbrauchers der bearbeitete Gebrauchtgegenstand das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt in prägender Weise bestimme und das entscheidende Kaufmotiv bilde.
Ausgehend von dieser Auffassung liegen jedoch laut BFH für das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt als Liefergegenstand die Voraussetzungen des § 25a Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 UStG nicht vor.
Die Klägerin habe die Waschbeckenaufsätze, die aus Sicht des FG in dem zusammengesetzten Gesamtprodukt als einzigem Liefergegenstand aufgegangen sind, als Neuware mit Recht zum Vorsteuerabzug erworben. Für den einzigen Liefergegenstand (das neu zusammengesetzte Gesamtprodukt) bestehe daher im Hinblick auf den Waschbeckenaufsatz ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug, erläutert der BFH. Besteht für den Gegenstand der Lieferung ein anteiliges Recht zum Vorsteuerabzug, sei aber – was das FG missachtet habe – nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs die Anwendung der Differenzbesteuerung ausgeschlossen. Daher sei, wenn man mit dem FG davon ausgeht, dass die Waschkommoden Gebrauchtgegenstände sind, eine Anwendung der Differenzbesteuerung nicht möglich.
Die Sache ist aus Sicht des BFH nicht spruchreif. Er könne die Beurteilung, ob die Klägerin an die Kunden eine Kommode und ein Waschbecken geliefert und anschließend den Zusammenbau als selbstständige Umsätze ausgeführt oder einen einzigen bearbeiteten Gegenstand ("Waschtisch") geliefert hat, aufgrund der bisher vom FG festgestellten Tatsachen nicht selbst vornehmen. Das müsse das FG jetzt nachholen.
Bundesfinanzhof, Urteil vom 11.12.2024, XI R 9/23